Sozialversicherung

Phantomlohn kann Minijob gefährden

Phantomlohn kann Minijob gefährden


Phantomlohn, d.h. ein Anspruch auf Lohn, der dem Arbeitnehmer entstanden ist, aber nicht ausbezahlt wurde, kann besonders die Beschäftigung in einem Minijob gefährden. Das Arbeitsentgelt in den geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen darf nämlich regelmäßig 450,00 EUR im Monat (maximal 5.400,00 EUR / Jahr) nicht überschreiten.

Angesichts der schrittweisen Erhöhung des Mindestlohns können Minijobber ohnehin immer weniger Stunden arbeiten. Am 01.07.2021 findet die nächste Erhöhung des Mindestlohns statt. Er steigt dann auf 9,60 EUR brutto je Stunde. Beschäftigte in einem Minijob können ab diesem Zeitpunkt nur noch durchschnittlich ca. 46 Stunden pro Monat arbeiten.

Damit nicht aufgrund von Phantomlohn ein Beschäftigungsverhältnis kein Minijob ist und eine Sozialversicherungsprüfung ggf. zu erheblichen Beitragsnachzahlungen führen kann, ist es wichtig zu wissen, wie Phantomlohn entstehen kann.

Dieser Beitrag beschäftigt sich damit, wie es bei der Arbeit auf Abruf bei Minijobs im gewerblichen Bereich zu Phantomlohn kommen kann.

Wie kann Phantomlohn entstehen

Phantomlohn (Fiktivlohn) entsteht, wenn dem Arbeitnehmer rechtlich ein höheres Arbeitsentgelt zusteht als er tatsächlich erhält.

Im Sozialversicherungsrecht gilt grundsätzlich das sog. "Entstehungsprinzip" (§ 22 I S. 1 SGB IV). Entscheidend für die Beitragsansprüche ist das entstandene bzw. "erarbeitete" Arbeitsentgelt. Ein aufgrund einer Öffnungsklausel nicht gezahltes Entgelt wird dabei jedoch nicht berücksichtigt.

Einmalzahlungen, wie z.B. das Weihnachtsgeld, stellen eine Ausnahme dar. Bei ihnen gilt das sogenannte "Zuflussprinzip". Die Beitragsansprüche bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt entstehen erst mit bzw. nach der Auszahlung. Eine fiktive Verbeitragung von nicht gezahlten Sonderzuwendungen erfolgt daher nicht.

In der Praxis kann es bei Minijobs vor allem bei der Arbeit auf Abruf zu Phantomlohn kommen. Jedoch kann Phantomlohn auch z.B. bei der Auszahlung von Urlaubsentgelt und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch nicht gezahlte Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge entstehen.

Phantomlohn bei Arbeit auf Abruf

Nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall (Arbeit auf Abruf) erbringt. Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen.

Wird keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt, gelten 20 Wochenstunden als vereinbart. Wird keine tägliche Arbeitszeit festgelegt, muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für jeweils mindestens drei aufeinander folgende Stunden abrufen.

Phantomlohn entsteht somit bei einer Arbeit auf Abruf, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart haben und der Arbeitgeber in einem vollen Beschäftigungsmonat z.B. eine Arbeitsleistung über 20 Arbeitsstunden abruft und vergütet. Dem Arbeitnehmer steht jedoch in diesem Fall ein rechtlich ein höheres Arbeitsentgelt zu.

Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber maximal 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Wurde stattdessen eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.

Wichtig: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können entweder eine wöchentliche Höchst- oder eine Mindestarbeitszeit vereinbaren. Unzulässig ist die Kombination von Mindest- und Höchstarbeitszeit in dem zulässigen Umfang. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer mindestens vier Tage im Voraus über seine Arbeitszeiten informieren.

Arbeitsentgeltgrenze bei Minijobs

Das Arbeitsentgelt in einem Minijob darf regelmäßig 450,00 EUR im Monat (5.400,00 EUR pro Jahr) nicht überschreiten (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Dies gilt auch, wenn die Beschäftigung keinen gesamten Kalendermonat besteht (vgl. Urteil des BSG vom 5. Dezember 2017 - B 12 R 10/15 R -, USK 2017-102).

Es sind alle Arbeitsentgelte zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer maximal innerhalb eines Jahres (12 Monate) mit hinreichender Sicherheit erhalten wird (laufende Einnahmen, vertraglich vereinbartes Weihnachtsgeld etc.). Steuerfreie und pauschal versteuerte Lohnbestandteile, die ganz oder teilweise Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung auslösen, bleiben unberücksichtigt. Hierzu gehören z.B. regelmäßig gezahlte steuerfreie Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge, soweit sie die Kriterien für die SV-Freiheit erfüllen.

Entgeltumwandlungen - in bestimmten Grenzen - zugunsten einer betrieblichen Altersvorsorgung sowie ein arbeitsrechtlich zulässiger schriftlicher Verzicht auf künftige Arbeitsentgeltansprüche mindern das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt.

Dreimal pro Jahr (im Zeitraum 01.03. - 31.10.2021 viermal pro Jahr) ist ein nicht vorhersehbares Überschreiten der monatlichen Arbeitsentgeltgrenze von 450,00 EUR erlaubt (z.B. bei einer unerwarteten Krankheitsvertretung). Hierdurch kann das Jahresarbeitsentgelt 5.400,00 EUR im Jahr übersteigen.

Hinweis: Beschäftigungen mit stark schwankenden Arbeitsentgelten und -zeiten sind - auch wenn sie die Kriterien erfüllen - keine geringfügig entlohnten Beschäftigungen.

Kein Minijob durch Phantomlohn bei Arbeit auf Abruf ohne Wochenstundenvereinbarung

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Arbeit auf Abruf ohne wöchentliche Arbeitszeit, überschreitet das Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, bereits beim derzeit geltenden Mindestlohn von 9,50 EUR/Stunde regelmäßig und vorhersehbar 450,00 EUR je Monat:

20 Wochenstunden x 4,33 Wochen/Monat x 9,50 EUR= 822,70 EUR/Monat

Es handelt sich damit um keine geringfügig entlohnte Beschäftigung.

Hinweis: Im Beispiel wird mit einem durchschnittlichen Wert von 4,33 Wochen je Monat gerechnet.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Arbeitgeber sich dessen bewusst sind und mit den Arbeitnehmern bei einer Arbeit auf Abruf eine wöchentliche Arbeitszeit festlegen.