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Darum geht´s:
- Welche Pfändungsfreigrenzen gelten ab 01.07.2024?
- Was ist grundsätzlich bei einer Lohn- und Gehaltspfändung zu beachten?
Lohn-Training beantwortet im aktuellen Beitrag diese wichtigen Fragen.
Am 01.07.2024 werden die Pfändungsfreigrenzen angehoben. Seit dem Jahr 2021 nimmt der Gesetzgeber diese Anpassung nicht mehr alle zwei Jahre, sondern einmal jährlich zu diesem Termin vor (§ 850c Abs. 4 ZPO). Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen hängt jeweils von der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags ab.
Lohn- und Gehaltspfändung
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die individuelle Schuldensumme bei den privaten Haushalten im Jahr 2022 bei durchschnittlich 30.940 EUR.
Da bei vielen verschuldeten Arbeitnehmern das Arbeitsentgelt das einzige Vermögen ist, kommt es in diesen Fällen häufig zu einer Lohn- und Gehaltspfändung.
Dabei treibt der Gläubiger das ihm zustehende Geld auf direktem Weg von dessen Arbeitgeber ein. Hierzu benötigt er neben dem Vollstreckungstitel (i.d.R. Urteil) als privater Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des zuständigen Vollstreckungsgerichts.
Arbeitgeber müssen innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Pfändungsbeschlusses dem Gläubiger oder dem Gerichtsvollzieher eine sogenannte Drittschuldnererklärung übermitteln. Darin müssen sie u.a. mitteilen,
- ob und in welchem Umfang sie die Forderung anerkennen,
- welche Zahlung sie leisten werden,
- ob und ggf. welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben und
- ob andere Pfändungen vorliegen.
Kommen Arbeitgeber dieser Erklärungspflicht nicht nach, machen sie sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig (§ 840 Absatz 2 Satz 2 ZPO).
Öffentliche Gläubiger wie z.B. das Finanzamt können den Lohn bzw. das Gehalt ohne Gerichtsbeschluss pfänden. Sie benötigen hierfür nur einen Bescheid über die Forderung.
Hintergrund der Pfändungsfreigrenzen
Damit der Lebensunterhalt eines Arbeitnehmers und ggf. seiner Familie auch bei einer Lohn- und Gehaltspfändung sichergestellt ist, gibt es die sogenannten Pfändungsfreigrenzen. Diese werden jährlich nach § 850c ZPO vom Gesetzgeber im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und gelten vom 01.07. des aktuellen bis zum 30.06. des folgenden Jahres.
Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2024
Ab dem 01.07.2024 beträgt der monatliche unpfändbare Grundbetrag 1.491,75 EUR/Monat (bis 30.06.2024: 1.402,28 EUR/Monat). Gewährt der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung z.B. seinem Ehegatten Unterhalt, erhöht sich dieser Betrag für die erste Person um 561,43 EUR/Monat. Für die zweite bis fünfte unterhaltspflichtige Person steigt die Pfändungsfreigrenze um jeweils 312,78 EUR.
Der jeweils maximal pfändbare Betrag kann der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2024 (Pfändungstabelle ab 01.07.2024) entnommen werden.
Hinweis: Die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 10. Mai 2024 wurde am 23. Mai 2024 z.T. berichtigt.
Beispiel I: Nettovergütung unterhalb der Pfändungsfreigrenze
Arbeitgeber A erhält im Juli 2024 einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 500 EUR für Mitarbeiter A. Die Nettovergütung von A beträgt 1.491 EUR pro Monat. Der Mitarbeitende ist nicht verheiratet und hat kein Kind. Dem Arbeitgeber liegen keine weiteren Pfändungen für Mitarbeiter A vor.
Da sein Nettolohn mit monatlich 1.491 EUR die Pfändungsfreigrenze nicht übersteigt, ist keine Lohn- und Gehaltspfändung möglich.
Beispiel II: Nettovergütung oberhalb der Pfändungsfreigrenze (keine Unterhaltspflicht)
Arbeitgeber B erhält im Juli 2024 einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 2.000 EUR für Mitarbeiter B. Die Nettovergütung von B beträgt monatlich 3.000 EUR. Der Mitarbeitende ist nicht verheiratet und hat kein Kind. Dem Arbeitgeber liegen keine weiteren Pfändungen für Mitarbeiter B vor.
Da die Nettovergütung von B die Pfändungsfreigrenze übersteigt, pfändet Arbeitgeber B nach der Pfändungstabelle, die ab dem 01.07.2024 gilt, im Juli 1.055,78 EUR und im August den verbleibenden Betrag von 944,22 EUR.
Beispiel III: Nettovergütung oberhalb des Pfändungsfreigrenze (mit Unterhaltspflicht)
Arbeitgeber C erhält im Juli 2024 einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 1.500.000 EUR für Mitarbeiter C. Die Nettovergütung von C beträgt monatlich 3.800 EUR. Der Mitarbeitende ist verheiratet und hat zwei Kinder. Dem Arbeitgeber liegen keine weiteren Pfändungen für Mitarbeiter C vor.
Da die Nettovergütung von C die Pfändungsfreigrenze übersteigt, pfändet Arbeitgeber C nach der Pfändungstabelle, die ab dem 01.07.2024 gilt, in den Monaten Juli – Oktober jeweils 336,38 EUR und im November den verbleibenden Betrag von 154,48 EUR.
Unpfändbare und bedingt pfändbare Bezüge
Es dürfen jedoch nicht alle Einkommensbestandteile vom Arbeitgeber an den Gläubiger abgeführt werden. Bestimmte Einkommensbeträge sind nur bedingt oder gar nicht pfändbar.
Unpfändbar sind nach § 850a u.a. ZPO Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen.
Zu den bedingt pfändbaren Bezügen zählen nach § 850b ZPO z.B. die Hälfte der Vergütung für Mehrarbeitsstunden sowie Bezüge aus Witwen-, Waisen- Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden.
Unterhaltspfändungen
Auch für Unterhaltspfändungen gibt es Sonderregelungen. Bestimmte bedingt pfändbare Bezüge sind zu einem weiteren Teil pfändbar (§ 850d Absatz 1 Satz 1 ZPO). Statt ½ kann bei einer Unterhaltspfändung z.B. nur ¼ der Vergütung für Mehrarbeitsstunden nicht gepfändet werden. Zudem legt das Vollstreckungsgericht den Pfändungsfreibetrag fest.