Darum geht's: Arbeitgeber profitieren bei Minijobbern von Übergangsregelung für kurzfristig Beschäftigte
Wie bereits im vergangenen Jahr darf auch in 2021 die Entgeltgrenze bei Minijobs erneut häufiger überschritten werden. Diese Änderung gilt unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 01. Juni bis zum 31. Oktober 2021.
Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Seefischereigesetzes, das am 31. Mai 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, hat der Gesetzgeber die Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung für den Zeitraum März - Oktober 2021 angehoben (Übergangsregelung).
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben mit Datum vom 31.05.2021 in einer gemeinsamen Verlautbarung diese Änderung für ein unvorhergesehenes Überschreiten der Entgeltgrenze bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen (Minijobs) übernommen.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Auswirkungen der vorübergehend geltenden Regelung auf die geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse. Auf Minijobs im Privathaushalt wird dabei nicht eingegangen.
Entgeltgrenze bei Minijobs
Das Arbeitsentgelt von geringfügig entlohnten Beschäftigungen (Minijobs) darf regelmäßig im Monat 450 EUR nicht übersteigen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Dies entspricht maximal 5.400 EUR pro Jahr.
Dabei ist nicht das tatsächlich gezahlte, sondern das Arbeitsentgelt entscheidend, auf das ein Rechtsanspruch besteht. (Siehe hierzu auch den Beitrag zu den Auswirkungen von Phantomlohn auf Minijobs bei Lohn-Training.) Verzichtet der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich zulässig auf zukünftige Entgeltansprüche, mindert dies das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt. Gleiches gilt auch bei einer Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge (maximal 4 Prozent der BBG RV West). Dies gilt auch für Beiträge, die nach § 40b EStG in der Fassung bis zum 31. Dezember 2004 im Rahmen einer Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersvorsorge verwendet werden.
Einmalige Einnahmen, die mindestens einmal jährlich zu erwarten sind und auch tatsächlich gezahlt werden, sind zu berücksichtigen. In bestimmten Fällen ist ein Durchschnittsentgelt zu ermitteln oder das Arbeitsentgelt zu schätzen.
Steuerfreie und pauschal versteuerte Arbeitslohnbestandteile, die SV-Freiheit auslösen, werden jedoch bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts nicht berücksichtigt.
Das Arbeitsentgelt aus mehreren nebeneinander ausgeübten Minijobs wird zusammengerechnet.
Neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ist eine geringfügig entlohnte Beschäftigung erlaubt.
Die Regelungen zu den geringfügig entlohnten Beschäftigungen (Minijobs) sind vielfältig. Sie werden ausführlich in den Geringfügigkeits-Richtlinien beschrieben.
Weiterhin Minijob bei gelegentlichem und nicht vorhersehbaren Überschreiten der Entgeltgrenze
Wird die Entgeltgrenze von 450 EUR regelmäßig im Monat überschritten, liegt vom Tag des Überschreitens keine geringfügig entlohnte Beschäftigung mehr vor.
Erfolgt die Überschreitung jedoch nur gelegentlich und nicht vorhersehbar, handelt es sich bei der Beschäftigung weiterhin um einen Minijob. Als gelegentlich wird seit dem 01.01.2019 ein Zeitraum von bis zu drei Monaten innerhalb eines Zeitjahres angesehen.
Das Zeitjahr entspricht einem Zeitraum von 12 Kalendermonaten. Es endet in dem Monat, für den beurteilt werden soll, ob ein gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten der Entgeltgrenze vorliegt. Monate, in denen die monatliche Arbeitsentgeltgrenze vorhersehbar (z.B. wegen saisonaler Mehrarbeit) überschritten wird, sind nicht zu berücksichtigen.
Beispiel: Dreimaliges Überschreiten der Entgeltgrenze vor dem 01. Juni 2021
Eine Raumpflegerin arbeitet seit dem 01.01.2020 gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR.
Im Februar 2021 bittet sie der Arbeitgeber, vom 01.03. - 31.03.2021 eine plötzlich erkrankte Vollzeitkraft zu vertreten. Dadurch erhöht sich ihr Verdienst im März auf monatlich 1.850 EUR. Ab April 2021 werden wieder laufend 450 EUR gezahlt.
Die geringfügig entlohnte Beschäftigte hatte bereits im Zeitraum April bis Mai 2020 die Vertretung eines plötzlich erkrankten Arbeitnehmers übernommen. Ihr Arbeitsentgelt betrug in diesen zwei Monaten ebenfalls jeweils 1.850 EUR.
Ergebnis: Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt übersteigt im Durchschnitt der Jahresbetrachtung (01.01.2021 - 31.12.2021) 450 EUR.
Prüfung, ob ein gelegentliches Überschreiten der Entgeltgrenze vorliegt; zu beurteilender Kalendermonat: März 2021.
Im maßgebenden Zeitraum (01.04.2020 - 31.03.2021) überschreitet das Arbeitsentgelt der Raumpflegerin im März 2021 zum dritten Mal unvorhergesehen die Arbeitsentgeltgrenze. Da es sich hierbei bis zum 31.05.2021 um ein gelegentliches Überschreiten handelt, ist die Raumpflegerin im März 2021 weiterhin geringfügig entlohnt beschäftigt.
Juni - Oktober 2021: Nicht vorhersehbares Überschreiten der Entgeltgrenze einen Monat häufiger erlaubt
Im Zeitraum 01.06. bis 31.10.2021 darf das Arbeitsentgelt eines Minijobbers die Entgeltgrenze von 450 EUR in bis zu vier Monaten innerhalb eines Zeitjahres unvorhersehbar übersteigen (siehe Beispiel).
Beispiel: Viermaliges Überschreiten der Entgeltgrenze im Zeitraum 01.06. - 31.10.2021
Eine Servicekraft arbeitet seit dem 01.01.2021 gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR. Vom 01.06.2021 - 30.06.2021 vertritt sie eine plötzlich erkrankte Vollzeitkraft. Dadurch erhöht sich ihr Verdienst auf monatlich 1.900 EUR. Ab Juli 2021 werden wieder laufend 450 EUR gezahlt.
In den Monaten Oktober bis Dezember 2020 hatte sie bereits die Vertretung einer plötzlich erkrankten Kollegin übernommen. Ihr Arbeitsentgelt betrug in diesen drei Monaten jeweils 1.900 EUR.
Ergebnis: Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt übersteigt im Durchschnitt der Jahresbetrachtung (01.01.2021 - 31.12.2021) 450 EUR.
Prüfung, ob ein gelegentliches Überschreiten der Entgeltgrenze vorliegt; zu beurteilender Kalendermonat: Juni 2021.
Im maßgebenden Zeitraum (01.05.2020 - 30.06.2021) überschreitet das Arbeitsentgelt der Raumpflegerin im Juni 2021 zum vierten Mal unvorhergesehen die Arbeitsentgeltgrenze. Da es sich hierbei im Juni aufgrund der vorübergehenden Regelung um eine gelegentliche Überschreitung handelt, ist die Servicekraft auch im Juni 2021 geringfügig entlohnt beschäftigt.
Bisherige Regelung ab dem 01.11.2021
Ab dem 01. November 2021 liegt wieder ein gelegentliches Überschreiten der Entgeltgrenze vor, wenn innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres maximal in drei Kalendermonaten ein nicht vorhersehbares Überschreiten vorliegt.
Beispiel: Viermaliges Überschreiten der Entgeltgrenze ab dem 01.11.2021 (nach Ende der vorübergehenden Regelung)
Ein Lagerarbeiter arbeitet seit dem 01.01.2020 gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 EUR. Vom 01.11.2021 - 30.11.2021 vertritt er eine plötzlich erkrankte Vollzeitkraft. Dadurch erhöht sich sein Verdienst auf monatlich 2.000 EUR. Ab Dezember 2021 werden wieder laufend 450 EUR gezahlt.
In den Monaten Oktober bis Dezember 2020 hatte er bereits die Vertretung eines plötzlich erkrankten Kollegen übernommen. Sein Arbeitsentgelt betrug in diesen drei Monaten jeweils 2.000 EUR.
Ergebnis: Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt übersteigt im Durchschnitt der Jahresbetrachtung (01.01.2021 - 31.12.2021) 450 EUR.
Prüfung, ob ein gelegentliches Überschreiten der Entgeltgrenze vorliegt; zu beurteilender Kalendermonat: November 2021.
Im maßgebenden Zeitraum (01.10.2020 - 30.11.2021) überschreitet das Arbeitsentgelt des Lagerarbeiters im November 2021 zum vierten Mal unvorhergesehen die Arbeitsentgeltgrenze. Da es sich hierbei im November um keine gelegentliche Überschreitung mehr handelt, ist der Lagerarbeiter im November 2021 nicht geringfügig entlohnt beschäftigt.
Fazit
Die Pandemie wirkt sich weiterhin auf den Arbeitsmarkt aus. Restaurants dürfen z.B. wieder öffnen (Innen-/Außengastronomie). Während des Lockdowns war nur ein Take Away-Geschäft erlaubt. Viele Gastronomen haben aber Schwierigkeiten, Personal zu finden.
Andere Bereiche, wie z.B. Lebensmittellieferdienste, haben einen enormen Zuwachs erfahren.
Die Möglichkeit, geringfügig entlohnt Beschäftigte in unvorhersehbaren Ausnahmefällen (z.B. Erkrankung eines Mitarbeiters) im Zeitraum Juni bis Oktober 2021 länger arbeiten zu lassen, dürfte zu einer gewissen Erleichterung führen.