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BBiG-Reform: Mindestvergütung für Azubis ab 01.01.2020

Mindestvergütung für Auszubildende ab 2020

Am 29.11.2019 hat der Bundesrat dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung zugestimmt und damit u.a. eine Mindestvergütung für Auszubildende verabschiedet.

Für Auszubildende gab es zwar bislang schon die gesetzliche Verpflichtung zu einer angemessenen Vergütung. Der in § 22 Absatz 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) geregelte Mindestlohn galt bzw. gilt für sie jedoch ausdrücklich nicht.

Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung muss nun noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden.

Mit dem neuen Gesetz soll das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das in Deutschland den rechtlichen Rahmen für die duale Berufsausbildung bildet, umfassend reformiert werden. Die Handwerksordnung (HwO), die ergänzend Besonderheiten für die duale Berufsausbildung im Handwerk regelt, wird entsprechend angepasst.

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Änderungen sich durch die BBiG-Reform für die Entlohnung der Auszubildenden ergeben.

Bisherige Regelungen zum BBiG zur Mindestvergütung für Auszubildende

Aktuell ist in § 17 Bundesbildungsgesetz (BBiG) geregelt, dass Auszubildende

  • eine angemessene Vergütung erhalten, wobei
  • bis zu 75% der Bruttovergütung aus Sachleistungen (Bewertung mit den jeweiligen Sachbezugswerten) bestehen darf (§ 17 Absatz 6 BBiG) und
  • Überstunden besonders zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen sind.


Die Vergütung muss mindestens einmal jährlich ansteigen.

Neue Regelungen im BBiG zur Mindestvergütung für Auszubildende ab 01.01.2020

Ausbildungsbeginn in 2020 - 2023

Durch die Änderung des Berufsbildungsgesetzes wird in § 17 BBiG erstmalig eine konkrete Mindestvergütung für Auszubildende festgeschrieben (§ 17 Absatz 2 Punkt 1 BBiG).

Wie hoch die Ausbildungsvergütung mindestens sein muss, hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr der Auszubildende seine Ausbildung beginnt. Für den Zeitraum 2020 – 2023 hat der Gesetzgeber bereits jetzt konkrete Werte benannt.

Mindestvergütung Auszubildende im 1. Lehrjahr in 2020 - 2023
Auszubildende, die ihre Ausbildung in 2020 beginnen, erhalten 515 EUR pro Monat im ersten Ausbildungsjahr. Auszubildende, die ihre Ausbildung in 2021 und 2022 starten, erhalten monatlich bereits 550 EUR (2021) bzw. 585 EUR (2022). Bei einem Ausbildungsbeginn in 2023 beträgt die monatliche Mindestvergütung 620 EUR.

Für die weiteren Ausbildungsjahre sind im BBiG jährliche Anpassungen des Auszubildendengehalts vorgesehen: Im zweiten Ausbildungsjahr steigt die Mindestvergütung für Auszubildende um 18 Prozent, im dritten Lehrjahr um 35 Prozent und im vierten Jahr um 40 Prozent an. Basis für die Aufschläge ist immer die Mindestvergütung des Jahres, in dem der Auszubildende seine Berufsausbildung begonnen hat.

Mindestvergütung für Auszubildende in 2020 - 2023
Beispiel I: Ausbildungsbeginn in 2020
Ein Auszubildender beginnt mit seiner Ausbildung am 01.08.2020. Seine Auszubildendenvergütung beträgt im ersten Jahr monatlich 515 EUR, im zweiten Jahr monatlich 608 EUR (515 EUR zzgl. 18 Prozent), im dritten Jahr monatlich 695 EUR (515 EUR zzgl. 35 Prozent) und im vierten Jahr monatlich 721 EUR (515 EUR zzgl. 40 Prozent).

Beispiel II: Ausbildungsbeginn in 2021
Ein Auszubildender beginnt mit seiner Ausbildung am 01.08.2021. Seine Auszubildendenvergütung beträgt im ersten Jahr monatlich 550 EUR, im zweiten Jahr monatlich 649 EUR (550 EUR zzgl. 18 Prozent), im dritten Jahr monatlich 743 EUR (550 EUR zzgl. 35 Prozent) und im vierten Jahr monatlich 770 EUR (550 EUR zzgl. 40 Prozent).

Beispiel III: Ausbildungsbeginn in 2022
Ein Auszubildender beginnt mit seiner Ausbildung am 01.08.2022. Seine Auszubildendenvergütung beträgt im ersten Jahr 585 EUR, im zweiten Jahr 690 EUR (585 EUR zzgl. 18 Prozent), im dritten Jahr 790 EUR (585 EUR zzgl. 35 Prozent) und im vierten Jahr 819 EUR (585 EUR zzgl. 40 Prozent).

Beispiel IV: Ausbildungsbeginn in 2023
Ein Auszubildender beginnt mit seiner Ausbildung am 01.08.2023. Seine Auszubildendenvergütung beträgt im ersten Lehrjahr 620 EUR, im zweiten Lehrjahr 732 EUR (620 EUR zzgl. 18 Prozent), im dritten Lehrjahr 837 EUR (620 EUR zzgl. 35 Prozent) und im vierten Lehrjahr 868 EUR (620 EUR zzgl. 40 Prozent).

Ausbildungsbeginn in 2024 oder später

Für Ausbildungsverhältnisse ab 01. Januar 2024 veröffentlicht das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Bundesgesetzblatt die Mindestvergütung bis spätestens zum 01. November für das jeweils kommende Jahr (Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 BBiG). D.h., die Mindestvergütung für Auszubildende, die z.B. mit ihrer Ausbildung in 2024 beginnen, wird für alle Ausbildungsjahre spätestens Ende November 2023 bekanntgegeben.
Grundlage ist dabei die durchschnittliche Ausbildungsvergütung in den beiden vorherigen Jahren. Für die Mindestvergütung in 2024 sind die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen in 2021 und 2022 maßgeblich.
Der jeweilige Wert für die Mindestvergütung wird ab 0,50 EUR aufgerundet.

Abweichende Mindestvergütung aufgrund eines Tarifvertrags möglich

Tarifvertraglich kann eine geringere Mindestvergütung für Auszubildende gelten. Grund hierfür ist die verfassungsrechtlich zugesicherte Tarifautonomie (Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz).

Diese Unterschreitung der im BBiG festgeschriebenen Mindestvergütung ist für bestehende Ausbildungsverhältnisse während der gesamten Laufzeit des Tarifvertrages möglich.

Andererseits kann es auch vorkommen, dass Unternehmen eine höhere als die gesetzlich vorgegebene Mindestvergütung zahlen müssen. Dies betrifft Betriebe, die zwar nicht tarifvertraglich gebunden sind, deren Ausbildungsverhältnisse aber in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages fallen. Das Arbeitsentgelt dieser Auszubildenden darf die tarifvertraglich geregelte Vergütung um nicht mehr als 20 Prozent unterschreiten.

Gibt es keinen Tarifvertrag, können auch andere Kriterien, wie z.B. die branchenübliche Vergütung Maßstab für eine angemessene Mindestvergütung sein.

Evaluierung der Regelungen zur Mindestvergütung vereinbart

Die Regelungen zur Mindestvergütung werden vom Bundesinstitut für Berufsbildung fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung wissenschaftlich evaluiert.

Fazit

Eine Mindestvergütung für Auszubildende ist sicherlich ein richtiger Ansatz, um die Berufsausbildung noch attraktiver zu machen. Allerdings kann es tarifvertraglich bedingt zu geringeren Ausbildungsvergütungen kommen. Nach der Einschätzung von Experten wird dies aber kaum vorkommen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich die Ausbildungsbereitschaft von kleinen und mittelständischen Unternehmen verändern wird.